In diesem Artikel lade ich, Audrey, Sie dazu ein, einen Blick in die IT-Welt aus Sicht einer Frau zu werfen. Primär möchte ich versuchen zu verstehen, warum diese Branche in Bezug auf die Gleichberechtigung noch immer rückständig ist, bevor ich meine Gefühle und Erfahrungen darüber, wie ich mich in der überwiegend männlichen Beraterwelt entwickelt habe, mit Ihnen teile.
In Europa gibt es einige Tätigkeitsfelder, in denen nur sehr wenige Frauen beschäftigt sind. Mit einer Frauenquote von nur 20% ist die IT eine von ihnen. In einer Zeit, in der die Geschlechtergleichheit ein derart aktuelles Thema ist, wundert man sich über diese geringe Zahl.
Werden Frauen absichtlich von bestimmten Studiengängen ausgeschlossen? Liegt es an der fehlenden Bereitschaft von Managern und Arbeitgebern, sie einzustellen? Verlassen sie den IT-Bereich, weil sie nicht ausreichend Anerkennung und Wertschätzung erhalten?
Ein Mangel an IT-Profilen
Um diese Fragen beantworten zu können, ist zunächst ein Blick auf den IT-Markt im Allgemeinen notwendig. Generell ist Europa durch einen Mangel an Profilen in den IT-Berufen gekennzeichnet. Recruiter*innen müssen auf die „Jagd“ nach potenziellen Kandidat*innen gehen und List und Kreativität einsetzen, um Mitarbeiter*innen zu rekrutieren. Immer häufiger kommt es vor, dass Student*innen bereits vor ihrem Abschluss eine Stelle angeboten wird. Darüber hinaus sind spezialisierte Studiengänge rar und können, unabhängig vom Geschlecht, nicht genügend Absolvent*innen liefern.
Von 1972 bis 1985 war die Informatik der Studiengang mit der zweithöchsten Anzahl von Ingenieurinnen in der technischen Ausbildung. Wenn wir uns die Zusammensetzung der heutigen Studentengänge ansehen, sehen wir, dass der Frauenanteil mit etwa 15% extrem niedrig ist. Generell gibt es nur sehr wenige männliche und noch weniger weibliche Kandidaten, trotz aller Bemühungen der Fachschulen, mehr Frauen zu gewinnen.
Das Ungleichgewicht zwischen den Geschlechtern bei Einstellungen ist demnach eine Folge des Mangels an weiblichen Studentinnen und der tieferliegenden Probleme, die mit der fehlenden Inklusion von Frauen in den spezialisierten Studiengängen zusammenhängen.
Mangelnde Kenntnisse über IT-Berufe
Nun stellt sich die Frage, warum diese Studiengänge keine weiblichen Bewerberinnen anziehen. Analysen von Universitäten und Fachschulen, die eine dauerhafte Gleichstellung in ihren IT-Promotionen und -Programmen erreicht haben, zeigen, dass die IT immer noch stark in Klischees verwurzelt ist, die für Studentinnen, die Freiheit und Gleichberechtigung suchen, nicht sehr einladend erscheinen.
Darüber hinaus sind viele IT-Berufe bei Professoren und Student*innen wenig bekannt und es mangelt an weiblichem Lehrpersonal. Viel zu tief verwurzelt ist das Klischee des Computeringenieurs, der tagein, tagaus, ohne soziales Leben hinter seinem Bildschirm sitzt, um Codes zu schreiben. Diese Vorstellung ist schlichtweg falsch und weit entfernt von der Realität, da die IT in der Tat ein sehr breites Feld mit einer Vielzahl von Berufen, Technologien und Möglichkeiten darstellt. Es gibt viele Optionen und Entwicklungen, die allen zur Verfügung stehen.
Vielleicht werden Teams eines Tages perfekt durchmischt sein… Bis dahin ist es für die wenigen Frauen, die sich bereits für die IT entschieden haben, jedoch notwendig zu wissen, wie sie sich durchsetzen und ihren Platz unter all den Männern einnehmen können. Nach Angaben der Unternehmen ist das eine mehr oder weniger leichte Aufgabe.
Mein Platz bei der Positive Thinking Company
Ich bin eine Frau und seit mehreren Jahren in der IT-Branche beschäftigt. Demnach habe ich mich bereits daran gewöhnt, in einem männerdominierten Umfeld zu arbeiten. Die Positive Thinking Company, bei der ich seit fast 8 Jahren beschäftigt bin, umfasst weltweit 2.500 Mitarbeiter*innen in allen Bereichen. Dabei ist es interessant festzustellen, dass wir trotz der Bemühungen unserer HR-Teams um Geschlechtermix und Gleichberechtigung nur 24% Frauen sind!
Vor kurzem hat eine meiner neu eingestellten Kolleginnen einen unserer HR-Leader auf die sehr geringe Anzahl von weiblichen Beraterinnen im Unternehmen angesprochen und ihn gefragt, was unternommen wird, um die Belegschaft in den IT-Teams gemischter zu gestalten. Diese Bemerkung hat mich sehr zum Nachdenken gebracht und ich habe mich selbst gefragt, ob es ein Problem für mich ist, dass wir so wenige sind. Wenn ich darüber nachdenke, lautet meine Antwort: Nein. Was mich stören würde, wäre, nicht auf Augenhöhe mit meinen männlichen Kollegen behandelt zu werden, oder unangemessenem Verhalten ausgesetzt zu sein.
Leider haben einige Unternehmen diese Mentalität. Ich spreche aus eigener Erfahrung: Unangemessene Witze gegenüber weiblichen Mitarbeiterinnen, Lohnunterschiede, Entlassungen nach der Rückkehr aus dem Mutterschaftsurlaub usw. standen auf der Tagesordnung.
Heute darf ich glücklicherweise für ein Unternehmen arbeiten, in dem ich mich weiterentwickeln und die Karriereleiter zum Head of RPA Solutions and Innovations in der Schweiz erklimmen konnte. Obwohl ich fast ausschließlich von Männern umgeben bin, musste ich nie auch nur das geringste frauenfeindliche oder unangemessene Verhalten ertragen oder miterleben.
Bei der Positive Thinking Company werde ich nicht anders betrachtet, weil ich eine Frau bin. Ich erfahre keine geschlechtsspezifische Diskriminierung oder Belästigung, mein Gehalt entspricht dem meiner männlichen Kollegen und vor 5 Jahren konnte ich meine Schwangerschaft unbeschwert genießen und die Rückkehr aus meinem Mutterschutz verlief reibungslos. Ich werde ausschließlich nach meiner Arbeit, meinem Engagement und meinen Ergebnissen beurteilt, genau wie alle anderen Mitarbeiter.
Zum Glück gibt es viele andere Unternehmen, die genauso arbeiten.
Also ja, es ist möglich als Frau erfolgreich in der IT beschäftigt zu sein, in seiner Arbeit aufzublühen und gleichzeitig das Familienleben zu genießen. Wir können auf faire und aufrechte Manager*innen treffen, die uns auf unserem Karriereweg in einer männerdominierten Branche unterstützen. Bildung, Respekt und Integrität ermöglichen es uns allen, in einem gesunden Umfeld zu arbeiten und zu wachsen.